100 Kilometer oder ein Modernes Abenteuer

Der Bieler „Hunderter“ hat auch bei der 59. Auflage nichts an seiner Attraktivität verloren

Nach dem Motto des Buches von Werner Sonntag „Einmal musst Du nach Biel“ zieht es seit 59 Jahren viele Ausdauersportler immer wieder nach Biel, Schweiz, um auf einer großen Schleife die hundert Kilometer laufend oder marschierend zu bewältigen.

Die Idee einen 100 Km Lauf auszurichten, ist aus dem Nachtmarsch, den die Schweizer Soldaten absolvieren mussten, entstanden. Wie der Lauf selbst, war und ist das Ausrichten und die Durchführung für die Organisatoren in jedem Jahr immer wieder eine große logistische Herausforderung.

Vom Spiridon Club Oberlahn stellten sich Iris Henche und Melanie Horn in Biel 2017 zum 2. Mal dem Starter. Begleitet wurden sie auf dem Fahrrad von Oliver Fiedler und Günter Henche, der an diesem Tag seinen 60. Geburtstag feierte. Der Lauf wird abends um 22 Uhr in Biel gestartet. Sehr schnell wird die Stadt verlassen und es geht hinaus in die dunkle Landschaft. In den kleinen Orten und vor allen Dingen in Aarbergen, wo es mit Tap, Tap, Tap, über eine alte gedeckte Holzbrücke geht, herrscht Volksfeststimmung. Überall werden die Läufer und Läuferinnen fröhlich empfangen und angefeuert. Auch wenn außerhalb von Ortschaften die Dunkelheit die Aktiven scheinbar verschluckt, sind die Sinne der Läufer hell wach. Ohne dass man in der herrlichen Vollmondnacht etwas sieht, riecht man Erdbeeren oder einfach nur Wasser und man weiß dass man ein Erdbeerfeld passiert oder die Strecke an einem Fluss entlang geht.

Weiter geht es durch dunkle Wälder und Wiesen vorbei an einsamen Gehöften und kleine Dörfer. Die Zwischenverpflegung-Buffets, der Streckendienst, aber auch der Empfang in Kirchdorf bei Km 56 sind Highlights für die Läufer. Kirchdorf ist eine Hauptverplegungstelle. Hier kann der Lauf auch offiziell beendet werden, wenn jemand nicht mehr weiterlaufen kann. In Kirchdorf gab es neuen Antrieb, denn über die Hälfte der Strecke war geschafft. Nun war es nur noch etwas mehr als ein „läppischer Marathon“. Dennoch machten sich einige Probleme bemerkbar; Blasen an den Füßen und Muskelschmerzen und die Müdigkeit drückten das Tempo. Jetzt waren die aufmunternde Worte der Fahrradbegleitung besonders wichtig. Worte wie „Mädels wir sind stolz auf Euch, wir bewundern Euch für so viel Unsinn“, „Ihr schafft das“, spornten an einen Km nach dem anderen abzuspulen.

Schließlich nahte das Ziel. Lautsprecher waren zu hören und dann der überwältigende Zieleinlauf.

Der große Rundkurs, der die Teilnehmer durch das Schweizer Voralpengebiet führt war geschafft; es finishten hier 589 Männer und 128 Frauen.

Ihren 2. Lauf über diese Ultra-Strecke bestritten Iris Henche und Melanie Horn gemeinsam in einer beachtliche Zeit und mit hervorragenden Platzierungen.

48. Rang im Einlauf     Iris Henche          W50     12:55:15,7     10. Platz
49. Rang im Einlauf      Melanie Horn     W35     12:55:16,0       7. Platz

Aber auch die Leistungen der Fahrradbegleiter stellen eine besondere Leistung dar. Sie fuhren auch in die Nacht der Nächte hinaus und sorgten für die eigene Verpflegung und feuerten die Läuferinnen an und munterten sie auf wenn es gerade zum Schluss besonders Weh tat. Auch die Begleiter waren von der Stimmung im Ziel beeindruckt, sodass Günter Henche vergaß für das Finisherfoto den Helm auszuziehen.

v.l. Oliver Fiedler, Melanie Horn, Iris Henche, Günter Henche

Bleibt die Frage, warum tut man sich so etwas an. Das kann man unmittelbar nach dem Zieleinlauf nicht beantworten. Eine positive Antwort ist erst möglich, wenn nach einigen Tagen die Schmerzen weg sind und die schöne Erinnerung in den Vordergrund gerät.

Dass Wiederholungen möglich sind, beweist einmal mehr Willi Fürst, Schweiz, der 2017 seinen „50. Bieler Hunderter“ mit 67 Jahren erfolgreich beendete.

Viele SCOler verfolgten über das Handy den Lauf ihrer 2 Vereinskolleginnen und es entstand die Anregung nach dem Motto „Auf dem Weg zum Marathon“ und „Auf dem Weg zum Frankfut-Marathon“ ein Projekt „ Auf dem Weg zum Bieler Hunderter“ zu starten.